Anleger, die am Boom noch teilhaben wollen, sollten daher auf Glücksspielaktien der zweiten Reihe schauen, die sich als wahre Geldautomaten entpuppen könnten.
Erfolgsgeschichten aus dem Glücksspielsektor
Der Kasino-König Lui Che-Woo freute sich in den letzten Jahren über einen Vermögenszuwachs von zehn Milliarden Dollar, er besitzt die Galaxy Entertainment Group und gilt als zweitreichster Mann in Asien. Bloomberg schätzt sein Vermögen auf über 22 Milliarden Dollar. Er besitzt eine der nur sechs Spiellizenzen, die in Macau vergeben wurden. Diese gelten als Lizenz zum Gelddrucken. Macau ist eine Sonderverwaltungszone im kommunistischen China und ein Zockerparadies, das aktuell boomt. Das ist auch äußerlich zu sehen, neue Hochgeschwindigkeitszüge rasen durch die Stadt und ihr Umland, Hotels und Luxusläden schießen wie Pilze aus dem Boden und locken wohlhabende Chinesen und Touristen an.
Darauf haben vorausschauende Unternehmer wie Lui Che-Woo schon vor Jahren gesetzt: Wenn ein Milliardenvolk wie die Chinesen anfängt, sich für Roulette & Co. zu interessieren, kann das zu unerhörten geschäftlichen Höhenflügen der Betreiber führen. Inzwischen übertrifft Macau die alte Spielerhochburg Las Vegas bei den Umsätzen um ein Vielfaches. In manchen Monaten wie dem September 2016 zieht der Spielumsatz um über ein Fünftel an. Das schlägt sich auch im Aktienkurs von Betreibern nieder, derjenige der Galaxy-Aktie hat sich in kürzester Zeit verdoppelt.
Wie betrachten Anleger die Entwicklung der Casino Unternehmen?
Anleger hatten über Jahrzehnte eher auf die Konkurrenz aus Nevadas Wüste gesetzt, inzwischen wollen sie aber am Boom des Glücksspiels in Asien teilhaben. Die Konzerne waren da schon weiter: Die großen Las-Vegas-Konzerne Wynn, MGM und Sands agieren längst östlich und westlich des Pazifiks. Damit konnten sie unter anderem den Einbruch des US-Stammgeschäfts seit der Immobilienkrise ab 2008 ausgleichen. Nebenher schufen sich gerade diese drei Großen das nötige zweite Standbein, auf das kein Unternehmer verzichtet und das speziell bei den Glücksspielkonzernen einen großen Teil des Gewinnwachstums im vergangenen knappen Jahrzehnt schuf. Doch nach dem Ende der großen Finanzkrise verbesserte sich auch die Situation in den Las Vegas Kasinos wieder sehr stark. Die Aktien der Betreiber, die zuvor unter die Räder gekommen waren, erhielten dadurch einen besonderen Schub. Inzwischen sind die Bewertungen der genannten Konzerne durchaus üppig, Anlageexperten raten daher zum vorsichtigen Investieren. Hochkarätige Chancen könnten sich nun mit Unternehmen der zweiten Reihe ergeben. Gerade die asiatischen Unternehmen gelten als aufstrebend.
Welche Risiken und Gewinnchancen gibt es bei Casino Aktien?
Das Risiko besteht ganz eindeutig aus fundamentaler Sicht in den hohen Kurs-Gewinn-Verhältnissen. Diese notieren inzwischen um 34 bis – in der Spitze – 77, das ist enorm hoch und gilt als nur schwer steigerbar. Zum Vergleich: Dax-Aktien bringen es manchmal auf ein KGV von rund 7 (EO.N, Commerzbank), 13 (Lufthansa, RWE), 18 (Deutsche Bank) oder 32 (Deutsche Post, alle Zahlen vom Februar 2017). Es gibt freilich auch im Dax Überflieger mit KGVs von über 100, so etwa Linde (151) oder die Allianz (158). Diese fundamentale Kennzahl zeigt die Relation zwischen dem Unternehmenswert – bezogen auf die Gewinne – und dem Aktienkurs an. Wenn sie zu hoch ausfällt, gelten Aktien als überbewertet, der Kurs könnte demnächst einbrechen. Das zeigt sich auch bei Blue Chips immer wieder wie etwa bei der adidas-Aktie, die inzwischen mit einem KGV von 147 protzt, jedoch im Herbst 2016 nach einer steilen Rallye einbrach und anschließend in eine Seitwärtsphase überging. Auch Linde und die Allianz pendeln nun schon länger seitwärts, was die Gefahr von hohen KGVs belegt.
Dennoch gibt es immer noch Käufer für die Casino Aktien, weil die Anleger auf die unglaubliche Wachstumsdynamik des Glückspielsektors setzen. Bei den asiatischen Unternehmen wie Galaxy multipliziert sich diese mit Wirtschaftsdynamik in Asien. Auch das Ursprungsgeschäft in Las Vegas ist übrigens weiter profitabel, nur wird das weitaus stärkste Wachstum in Asien erwartet. Allein in Macao generieren die casinos inzwischen Jahresumsätze zwischen sieben bis acht Milliarden Dollar. Der Cotai Strip – die Kasino-Meile in Macao – wird nach dem Las Vegas Vorbild weiter ausgebaut.
Analysten empfehlen den Anlegern, doch eher auf kleinere Spezialwerte zu setzen, um vom Trend zu profitieren. Nicht jeder Branchenexperte beachtet sie, daher fehlen sie oft in den einschlägigen Kaufempfehlungen. Hierbei handelt es sich um etwas kleinere Kasinobetreiber, zu denen sich als interessante Werte die Zulieferer gesellen, die vom Asien-Boom profitieren. Deren Kurse sind noch längst nicht ausgereizt.
Empfehlenswerte Aktien des Glücksspielsektors
Ein Hidden Champion der Branche ist beispielsweise IGT (International Game Technology, WKN: 867131, ISIN: US4599021023), Weltmarktführer für Spielautomaten mit einem Jahresumsatz von zwei Milliarden Dollar und einer operative Marge von stolzen 26 Prozent sowie einer Nettoumsatzrendite von immer noch 12 Prozent. Das Geschäft des Konzerns brummt, erst unlängst kam ein Großauftrag über 7.000 Videopoker-Terminals von Caesars Entertainment herein. Dieser Kasinobetreiber möchte damit seine veralteten Spielautomaten ersetzen.
IGT bedient nicht zuletzt den starken Markt für Online Casinos und generiert dort einen großen Teil seiner Erlöse. Die IGT Vorstandschefin Patti Hart will weiter wachsen: Sie übernahm DoubleDown Casino, ein Onlineunternehmen, für 500 Millionen Dollar. Dieser Anbieter von Poker über Social-Media-Plattformen kann täglich 1,7 Millionen User begeistern, von denen jeder durchschnittlich 40 Dollarcent ausgibt. Doch Onlinegaming wird die althergebrachte Szene des Automaten-Glücksspiels nicht so schnell verdrängen, weshalb IGT sehr klug weiterhin den Ball in beiden Feldern hält. Was Laien, die sich für Casinos nur im James-Bond-Film interessieren, nicht wissen, ist folgender Fakt: Im Kino zeigen Kasino-Szenen fast nur die edlen Poker-, Roulette- und Baccaratische, wo Menschen gegeneinander spielen und dabei ihr Pokerface aufsetzen, das wahre Bände sprechen soll.
Aus Sicht der Unternehmen sind aber die Automaten die Gewinnbringer und wahre Cashmaschinen, sie generieren 70 Prozent des Umsatzes. Menschen spielen wohl doch lieber allein. Wer nun einen Automaten aufstellt, kann in günstigen Fällen mit einer Amortisation nach ein bis zwei Monaten rechnen. Das ist aus unternehmerischer Sicht ein gigantisch gutes Geschäft. Die Casinos unterstützen dieses, indem sie die Spieler in ihren Räumen lange bei Laune halten – durch reinen Sauerstoff und künstliches Licht. Dieses ist so abgestimmt, dass kein Spieler merkt, wie seine Zeit verrinnt.
Die Automatenhersteller gelten daher als Hoffnungsträger des Sektors, zu ihnen gehört auch Bally Technologies (WKN: A0JJU6, ISIN: US05874B1070). Bally Chef Ramesh Srinivasan ging ebenfalls auf Einkaufstour, er erwarb jüngst SHFL Entertainment (Spielkartenmischgeräte) und gab dafür 1,3 Milliarden Dollar aus. Das vergrößerte Portfolio soll Synergien schaffen, wozu beiträgt, dass auch SHFL inzwischen online präsent ist. Das Unternehmen überträgt live Kartenspiele ins Netz, was den Nutzern das Gefühl verschafft, im echten Kasino zugegen zu sein.
Der Charme der Nischenanbieter
Die kleineren Unternehmen sind und bleiben heiß begehrt. Der Lottogigant Scientific Games (WKN: 875605, ISIN: US80874P1093) übernahm den Automatenproduzenten WMS Industries für 1,5 Milliarden US-Dollar. Dahinter stand eine begehrte Innovation: WMS hatte kurz zuvor 100 neue Slotmaschinen kreiert, deren Spielcharaktere Hollywoodfilmen entnommen wurden. Trotz eines wirklich hohen Kaufangebots, das einen Kurseinbruch bei Scientific plausibel gemacht hätte, kletterte diese Aktie noch am selben Tag um gigantische 13 Prozent. Das ist schon wirklich ungewöhnlich bei Unternehmensübernahmen, doch Experten verblüfft das weniger. Die hier übernommenen Zulieferer sind schlanke Unternehmen, die ihre Gewinne auch daraus schöpfen, dass sie nicht die riskante Investition in ein teures Hotel mit angeschlossenem Kasino tätigen und diesen Betrieb dann auch noch mit viel Personal aufrechterhalten müssen, bevor sie Geld verdienen. Sie produzieren nur wie jeder andere Industriebetrieb, allerdings für eine Branche mit gewaltigen Gewinnspannen.
Was sollten Anleger bei der Investition im Glücksspielsektor beachten?
Wichtig zu wissen: Diese Branche ist extrem konjunkturanfällig, wie der Einbruch in Las Vegas nach der Finanzkrise 2007/2008 gezeigt hat. Menschen geben gern Geld im Kasino aus, wenn sie zu viel davon verdient haben. In rezessiven Zyklen hingegen halten sie es zusammen, darunter dann leidet dann das Geschäft. In Asien wächst der Reichtum allerdings auch konstant seit Jahrzehnten, die hohen Wachstumsraten der chinesischen Wirtschaft belegen es. Das schuf einen neuen strukturellen Trend, auf den Investoren aufspringen können.
Mit Casino Aktien und erst recht mit Automatenaktien haben sie wahrscheinlich bessere Gewinnaussichten als die Spieler, die dort ihr Geld hineinwerfen. In Asien fällt der Umsatz pro Spieler wesentlich höher als in anderen Weltregionen aus. Aktionäre interessieren sich daher aktuell für Unternehmen, die dort auf jeden Fall vertreten sind. Gerade Macau hält noch viele Optionen offen, denn die Festland-Chinesen nutzen wohl die Sonderzone, um die inländischen Kapitalkontrollen irgendwie umgehen zu können. Auch dieser Trend könnte angesichts des wachsenden Reichtums einer chinesischen Mittelschicht lange anhalten – wenn nicht die chinesischen Behörden allzu sehr dazwischenfunken. Sie begrenzen neuerdings die nötigen Visa für die Spieler vom Festland. Die Unternehmen weichen daher teilweise aus, sie eröffnen Kasinos in Singapur oder Japan. Dort wurden nun lukrative Glücksspiellizenzen neu vergeben. Der Markt gilt als vergleichsweise jungfräulich, aber höchst interessant. Möglicherweise kann sich in einer japanischen Metropole ein zweites Macao entwickeln. Das glaubt unter anderem der Fondsmanager Dan Ahrens (Ladenburg Thalmann), er rät, auch in diesen Markt zu investieren.